Der Schmied Hüseyin Şahin arbeitet im Demirci Çarşısı, dem Viertel der Schmiede in Safranbolu. Während heute in der benachbarten Stadt Karabük die Arbeiter an den Hochöfen der Metallindustrie arbeiten, fertigt Meister Hüseyin Türbeschläge und Schlösser noch in Handarbeit am offenen Feuer in seiner winzigen Werkstatt.
Der 45jährige Meister Hüseyin ist ein bescheidener und gläubiger Mensch, in Gesprächen mit ihm wird mir schnell klar, das es sich bei ihm um einen demütigen und aufrichtigen Menschen handelt, der seine Arbeit liebt und der in seinem Beruf eine Aufgabe gefunden hat, die er möglichst gut und gewissenhaft erledigen möchte. Hüseyin Şahin stammt aus Safranbolu und lebt auch heute noch hier mit seiner Familie in einem rund 140 Jahre alten Haus, in das er mich eines Abends einlädt. Er war bei einem Schmied in die Lehre gegangen, doch die Arbeit für die Schmiede wurde mit den Jahren immer weniger, so dass er nicht genug zum Leben verdienen konnte.
Die Situation änderte sich, als im Jahr 1994 Safranbolu von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbe aufgenommen wurde. “Damals”, so erzählt er, “begannen viele Hausbesitzer ihre alten Häuser zu restaurieren und so bekamen die Schmiede wieder Aufträge, um Türbeschläge und Schlösser zu fertigen.” So konnte sich das traditionelle Schmiedehandwerk in Safranbolu erhalten und ihm und einigen anderen Schmieden bis heute ein bescheidenes Auskommen bieten.
Es ist heiss in der kleinen Schmiede, Meister Hüseyin entfacht das Feuer und bläst mit dem Blasebalg in die Glut. Überall wirbelt der schwarze Staub herum. Als das Stück Eisen endlich glüht, nimmt er es mit einer Zange aus der Glut, legt es auf den Amboss und schlägt mit seiner Manneskraft immer wieder den Hammer auf das glühende Metall, so dass die Funken in alle Richtungen sprühen.
Immer und immer wieder dreht er das Stück mit der Zange und schlägt zu. Die Hammerschläge werden zu einem monotonen Rhythmus, der in der schmalen Gasse der Handwerker widerhallt und sich mit den Hammerschlägen der benachbarten Schmiede vermischt. Schließlich wird das fertige Eisen im Wasser abgekühlt. In Hüseyins Schmiede entstehen diverse Metallteile wie Nägel, Stifte, Beschläge, Türklinken, Griffe, Schlösser und Werkzeuge. Viele der Arbeiten weisen traditionelle osmanische Motive und Ornamentik auf. Den letzten Schliff erhalten die Stücke dann mit der Feile an einem kleinen Arbeitstisch.
Im Jahr 2001 wurde er bei einem Kunsthandwerker-Wettbewerb der Türkischen Regierung ausgezeichnet. “Eigentlich wollte ich mich dort nicht bewerben, denn ich habe nur die Grundschule besucht, ich bin kein Ingenieur oder kein Künstler wie andere”, erzählt er; “aber meine Verwandten haben mich gedrängt nicht so schüchtern zu sein und so habe ich zwei Türgriffe bei dem Wettbewerb eingereicht.” Bescheiden fügt er hinzu: “Ich habe den ersten Platz gemacht.”
Wir trinken Tee in seiner Werkstatt und Hüseyin erzählt über das Leben und die Arbeit als Schmied. Dabei erwähnt er, das der erste Schmied auf der Welt der Prophet Davut (David) gewesen sei. Dieser sei somit ein Beispiel für alle Schmiede. “So wie der Prophet Davut arbeitete, so arbeite ich heute noch”, sagt Meister Hüseyin und beginnt voller Hingabe ein neues Stück Eisen zu bearbeiten.
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