Der weltberühmte “Gedeckte Basar” in Istanbul beherbergt hunderte von kleinen Geschäften, die mit Waren dekoriert den Kunden nicht mehr loslassen wollen. Der Basar ist ein riesiges Labyrinth, reihenweise blitzen feine Gold- und Silberschmuckarbeiten aus den Schaufenstern und Vitrinen, im Innern der Läden werden goldene Armreifen gewogen oder Teppiche für die Kunden ausgebreitet.
Der “Gedeckte Basar”, (Türkisch: Kapalı Çarşı,) ist auch bekannt als der “Große Basar” oder der “Goldene Basar”. Der ursprüngliche Teil wurde einst aus Holz unter Sultan Mehmet II. im Jahr 1461, nur acht Jahre nach der Eroberung Istanbuls eingerichtet und zur Regierungszeit von Sultan Süleyman (1520-1566) weiter ausgebaut. Aufgrund von mehreren Bränden mussten Teilbereiche später restauriert oder wieder neu aufgebaut werden.
Die Händler im Basar sind meist auch heute noch nach Fachgebieten geordnet, viele der früher ansässigen Berufsgruppen wie Schuhmacher und Hutmacher sind jedoch heute, wenn überhaupt noch, eher im Handwerkerviertel um den Basar zu finden, in dem viele Produkte gefertigt werden, die sich in den Läden wieder finden.
Beim Goldschmuck richtet sich der Verkaufspreis vor allem nach dem Gewicht. In der Regel berechnen die Händler nur einen geringen Aufpreis für die kreative Arbeit an den meist qualitativ gut gearbeiteten Schmuckstücken. So hat Feilschen wenig Sinn. Anders beim Teppichhändler. In mehreren der überdachten Gänge des Basars offerieren diverse Teppichhändler nebeneinander herrliche Knüpfteppiche und traditionelle Kelim (Flachgewebe). Die Stücke kommen aus allen Regionen Anatoliens. Ihre oft farbenprächtigen Muster erzählen vom Leben der Nomaden, andere haben religiöse Motive und können als Gebetsteppich dienen, mal sind die Strukturen feiner, mal grober.
Manches Exemplar ist recht preiswert zu haben, andere, vor allem ältere Stücke sind meist teurer. Beim Kauf alter Stücke sollte sich der Käufer jedoch mit der Materie auskennen. Entscheidend für den Preis sind die verwendeten Naturfarben oder chemischen Farben, die Qualität der Wolle, Baumwolle, Ziegenhaar, bei edlen Stücken auch mal Seide, sowie die Verarbeitung und Größe. In jedem Fall gehört das Feilschen um den Preis zum festen Ritual beim Teppichkauf. Grundsätzlich wird der Interessent zum Tee eingeladen, die gemütliche Atmosphäre in den mit Teppichen und Flachgeweben gefüllten Läden versetzt den Kunden in eine Situation, als würde er sich plötzlich inmitten einem Yurt befinden, einem Zelt, in dem die Nomaden Anatoliens an den Weidegründen kampierten.
Teppichhändler sind meist sehr redselig und zeigen persönliches Interesse am Kunden, um den Geschmack auszuloten. Schließlich preisen sie ihre Stücke nacheinander in höchsten Tönen, während ein Knüpfteppich oder Kelim nach dem anderen entfaltet und auf den Boden geworfen wird. Innerhalb kürzester Zeit steht der Teppichladen Kopf und in der Mitte türmt sich ein Berg von ausgelegten Teppichen, dass es dem Kunden ganz schwindelig wird vor lauter Farben und Mustern.
Doch der Händler hat es nicht eilig, in aller Ruhe wird ein weiterer Tee geordert, indem er über eine krächzende Sprechanlage bei der nahegelegen Teeküche die Bestellung durchgibt. Zeigt man Interesse an einem Stück, beginnt das Feilschen um den Preis. Selbstsicher verkündet der Händler einen Preis, der natürlich viel zu hoch angesetzt ist. Jetzt heißt es kurzum ein Gegenangebot zu machen, das fast schon unverschämt erscheint, etwa die Hälfte des Preises.
Bestürzt reagiert nun der Teppichhändler. Man könnte glauben, man habe ihn beleidigt, schließlich hat er den ganzen Laden umgeräumt und zahlreiche Gläser Tee spendiert. Doch davon sollte man sich nicht beeindrucken lassen. Und prompt kommt das Gegenangebot, das jetzt nur noch 75 Prozent des ursprünglichen Preises beträgt. Ist der Preis für den Kunden einfach zu hoch, lenkt der Händler das Interesse geschickt auf ein anderes Stück in einer niedrigeren Preisklasse. Und hier beginnt das Feilschen wieder von vorne. Am Ende wird man sich einig oder geht ohne ein Stück aus dem Laden. Doch viele lässt die Faszination der anatolischen Teppiche und Kelim nicht mehr los. Das weiß auch der Teppichhändler.
Anderswo in den verzweigten Gängen des Basars verzaubern schönste Keramikarbeiten, Porzellanwaren, Glasmalerei und Kunsthandwerk. Dazu gehören zum Beispiel die kleinen mit Miniaturen bemalten Schatullen und Schachteln aus Holz, figürliche Gegenstände aus Alabaster, Wasserpfeifen mit langen Schläuchen und bunte türkische Pantoffeln mit nach oben gebogener Spitze.
Die Waren quillen geradezu ordentlich aufgeschichtet aus den Geschäften und breiten sich in die schmalen Gänge aus. Vor allem Krummdolche, mit Kalligraphie verzierte Wandteller, bunte Teegläser und Öllampen, dekorative Kupferkannen sowie Kunsthandwerk aus Meerschaum verbreiten ein Flair vom alten Orient. Ganze Abschnitte im Basar sind mit Lederwaren zugehängt. Ein reichhaltiges Angebot an Taschen, Jacken und Westen erwartet die Kunden. Um so tiefer man in die Welt des Basars eintaucht, um so exklusivere Silber- und Goldschmiedearbeiten und Antiquitäten entdeckt man.
An manchen Stellen glaubt man sich in einer anderen Epoche zu befinden, wenn unter alten, bemalten Gewölben, an denen der Zahn der Zeit nagt, um den Preis gefeilscht wird und herrliche bunte Stoffe vor den Augen der Kunden ausgebreitet werden.
Der Basar ist eine eigene kleine Welt, ausgestattet mit Postamt, Polizeiwache, Bank, Teestube, Restaurants und Moscheen. Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten, von gut gekleideten Händlern über Lastenträger, die riesige Säcke mit Waren auf dem Rücken transportieren bis hin zu körperlich behinderten Menschen bevölkern den Basar.
Ein Kleinwüchsiger schleppt eine Personenwaage mit sich herum. Er hat sich eine bestickte Weste angezogen und trägt eine Mütze auf dem Kopf. Mit der einen Hand auf den viel zu großen Spazierstock gestützt, stellt er sich mitten in den Gang zwischen den Schmuckauslagen und deutet mit der anderen Hand auf seine Waage. Gelegentlich bleibt ein Passant stehen und lässt sich für ein paar Lira wiegen. Ein Blinder verkauft Lotterielose an der Ecke, während ein Mann ohne Arme und Beine sich auf einem Rollwagen nur mit Hilfe seiner Stümpfe fortbewegt.
An einer anderen Ecke wickeln Geldwechsler wild gestikulierend ihre Geschäfte per Handys ab. Die Diskrepanz zwischen dem funkelnden Gold in den Auslagen und dem menschlichen Leid Behinderter und Kranker erscheint groß, doch sorgen die Menschen religiös und traditionell bedingt ein wenig für ihre Mitmenschen im Viertel oder in der Nachbarschaft.
Der Strom von Menschen schwappt weiter und scheint sich noch zu verdichten, wenn man den Gedeckten Basar durch das Örüçüler-Tor verlässt. In dieser Passage werden überwiegend Textilien verkauft. Zwischen sich in steilen Gassen rauf und runter bewegenden Menschenmassen bieten Straßenverkäufer geröstete Maiskolben, Maronen oder das runde Gebäck mit dem Namen Simit an. Hier und da schenkt ein in Tracht gekleideter Fruchtsaftverkäufer Serbet aus großen verzierten Kannen aus.
Frauen wühlen in dem reichhaltigen Angebot an Tüchern, Hosen, Kleidern, Hemden, Socken und Unterwäsche. Familien kaufen im Viertel die Prinzenuniform für die muslimisch-religiöse Beschneidungsfeier der Jungen. Lautstark machen die Händler auf sich aufmerksam, es herrscht ein fortwährender Trubel von morgens bis abends.
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