Die atemberaubenden Naturlandschaften in der Region Kappadokien in Zentralanatolien gehören zu den schönsten Reisezielen in der Türkei. Die vulkanischen Tuffsteingebilde, in denen an verschiedenen Orten Höhlenwohnungen, Kirchen und Klöster in den relativ weichen Tuffstein gebaut worden waren, sollen vor vielen Millionen Jahren nach gewaltigen Vulkanausbrüchen entstanden sein.
Durch Niederschläge, Wind und Temperaturschwankungen bildeten sich im Laufe der Zeit unterschiedliche Formen, wie die so genannten Feenkamine, von denen frühere Bewohner der Region geglaubt haben sollen, sie seien von unterirdisch lebenden Feen bewohnt.
Kappadokien (Türkisch: Kapadokya) eignet sich sowohl für einen längeren Aufenthalt mit Wanderungen durch die Natur, als auch für eine Rundreise mit Besichtigungen der Landschaften und kulturellen Hinterlassenschaften meist christlicher Bewohner der Region.
Frühe Besiedlung
Spuren erster Besiedlung gehen bis 6500 v. Chr. zurück. In der späten Bronze-Zeit “Hatti” genannt, wurde die Region nach 1600 v. Chr. Teil des Hethiter-Reiches. Danach war Kappadokien unter der Herrschaft verschiedener Königreiche wie z.B. Lydien, Persien und Makedonien unter Alexander dem Großen, bevor es 18 n. Chr. Teil des Römisches Reichs wurde.
Es entstanden verschiedene Untergrundstädte mit mehreren Stockwerken unter der Erde, von denen einige heute besichtigt werden können. Ob diese unterirdischen Anlagen, in denen zeitweise viele tausend Menschen gelebt haben sollen, von Christen oder vielleicht schon zum Teil von Hethitern gebaut wurden, darüber sind sich die Archäologen uneins. Als sicher gilt jedoch, das frühe Christen hier Schutz fanden, bevor das Christentum im Byzantinischen Reich ab dem 4. Jahrhundert als Religion toleriert und anschliessend zur Staatsreligion wurde.
Doch auch nach dem Ende der Byzantinischen Epoche, als ab dem 11. Jahrhundert die Seldschuken und andere Türkische Klans die Region an der berühmten Seidenstrasse beherrschten, dienten die Untergrundstädte als sicherer Rückzugsort bei militärischen Auseinandersetzungen und vor marodierenden Räuberbanden.
Zwischen dem 4. und 13. Jahrhundert entstanden auch oberirdisch viele Klosteranlagen und Kirchen, die teilweise heute noch erhalten sind und die man bei einem Aufenthalt in Kappadokien unbedingt besichtigen sollte. Im Osmanischen Reich lebten weiterhin viele griechisch-orthodoxe Christen in der Region bis zum Bevölkerungsaustausch zwischen Griechenland und der Türkei in den 1920er Jahren.
Unterwegs in Kappadokien
Wer die Region Kappadokien bereisen möchte, kann mit dem Flugzeug über Kayseri anreisen und anschliessend mit dem Fernbus etwa eine Stunde bis Göreme oder Nevşehir fahren. Fernbusse verkehren auch von Konya oder anderen Städten in der Türkei. Innerhalb Kappadokiens gibt es Minibusse, die Reisende in die kleinen Orte bringen.
Alternativ bieten verschiedene Reiseveranstalter auch geführte Rundreisen, bei denen Hintergrundwissen zur Geschichte und Geologie vermittelt werden und man sich nicht selbst um Unterkunft und Mobilität bemühen muss. In Nevşehir und den umliegenden Orten gibt es zahlreiche Hotels und Pensionen, wo teilweise alte Höhlenbehausungen umgebaut wurden und heute über Annehmlichkeiten wie Bad mit heissem Wasser, TV und Internetzugang verfügen.
Bekanntes Ziel ist der Ort Göreme, von dem aus man verschiedene Täler durchwandern kann. Nahe Göreme befindet sich ein attraktives Open-Air-Museum mit zahlreichen erhalten Kirchen und Klosteranlagen aus Byzantinischer Zeit. Hier kann man die herrlichen Fresken bestaunen und sich einen Eindruck vom früheren Leben der Christen in der Region verschaffen.
Zwischen Göreme und Çavuşin liegt das Gül Vadisi, was übersetzt “Rosen Tal” bedeutet. Seinen Namen erhielt diese atemberaubende Tuffsteinlandschaft aufgrund der rötlichen Farbtöne, die besonders während des Sonnenuntergangs sehr reizvoll erscheinen. Von Göreme führt ein Fußweg vorbei an einigen Feldern bis zu einer Anhöhe, von der man einen guten Überblick über das Tal hat.
Ein weiteres imposantes Ziel nahe Göreme ist der kleine Ort Uçhisar, dessen Behausungen wie eine Burg über der Landschaft thronen. Auch in Ortahisar befindet sich eine solche “Tuffstein-Burg” mit Tunneln und Höhlen. Wie in vielen kleinen Orten der Region, bieten lokale Künstler und Händler Teppiche, Kunstgegenstände und Töpferwaren an. In den kleinen Lokalen findet man ein reichhaltiges Angebot aus der Türkischen Küche.
Die meisten Töpferwaren gibt es in Avanos am Kızılırmak, dem längsten Fluss der Türkei. Hier werden auch Töpferkurse angeboten. Sehenswert ist auch die ehemalige Klosteranlage bei dem alten Dorf Zelve, das heute unbewohnt ist. Dieses war zwischen dem 9. und 13. Jahrhundert eine bedeutende christliche Siedlung. Zahlreiche Häuser, Kirchen und Klosteranlagen wurden damals in den vulkanischen Tuffstein gehauen.
Schon zu römischer Zeit bewohnt, war der Ort unter den Byzantinern, Seldschuken und Osmanen zumeist von Griechen besiedelt. Nach einem Erdbeben in den 1950er Jahren zogen die zuletzt türkischen Bewohner in ein neues Dorf um.
Lohnenswerte Ziele in der Umgebung
Von Kappadokien lohnt sich auch ein Abstecher in die umliegenden Regionen, wie etwa nach Kayseri, das rund hundert Kilometer östlich von Göreme liegt. Im ehemals römischen Cäsarea nahe dem 3900 Meter hohen Berg Erciyes findet man noch Bauwerke aus der Zeit der Seldschuken und Osmanen wie Mausoleen, Moscheen, Basare und Karawansereien. Die Ausgrabungsstätte Kültepe bei Kayseri, eine bedeutende Handelskolonie der Assyrer aus der Bronzezeit ist ebenfalls ein sehenswertes Ziel.
Nordwestlich von Göreme liegt die Kleinstadt Hacı Bektaş mit dem Mausoleum des Mystikers Hacı Bektaş Veli, der hier im 13. Jahrhundert lebte und wirkte. Sein Grab ist ein bedeutender Wallfahrtsort für die Aleviten und wird nur selten von Touristen besucht. Wer dennoch den Ort aufsuchen möchte, kann von Nevşehir mit einem Minibus (Dolmuş) dort hinfahren.
Während die meisten Orte wie Göreme, Uçhisar, Avanos, Ortahisar, Mustafapaşa, Ürgüp und andere recht nahe beieinander liegen, empfiehlt sich auch ein Abstecher in die südlich und südwestlich von Nevşehir gelegene Region Kappadokiens. Hier befinden sich die Untergrundstädte Derinkuyu und Kaymaklı, die man besichtigen kann. Letztere wurde erst 1964 entdeckt.
Weniger bekannt ist das Keşlik-Kloster, das in Byzantinischer Zeit in den weichen Tuffstein gehauen wurde. Die ehemalige Klosteranlage besteht aus einer Kirche, Mausoleen, einem Speisesaal und diversen Mönchszellen. Das Kloster verfügte ausserdem über einen sicheren Raum, der bei Angriffen mit einem riesigen Mühlstein verschlossen wurde. Aus dem Raum konnten die Mönche durch einen Tunnel unterhalb des Gartens hinter dem Kloster entkommen.
Empfehlenswert ist auch ein Besuch in dem Ort Güzelyurt, in dem noch griechisch-orthodoxe Kirchen und Klosteranlagen zu finden sind. Nicht weit von Güzelyurt befindet sich der Hasan Dağı, ein inaktiver Vulkan und mit 3268 Meter Höhe der zweithöchste Berg in Zentralanatolien. Man kann den Berg von verschiedenen Seiten aus in mehrstündigen Fussmärschen erklimmen. Je nach Kondition benötigt man dafür allerdings 6 bis 8 Stunden. Gute Ausgangsorte sind die Dörfer Karkın und Helvadere.
Ein besonderes Highlight für Naturfreunde und Wanderer ist das nahe gelegene Ihlara-Tal. In dem etwa 15 Kilometer langen Canyon, in dessen Mitte der kleine Fluss Melendiz fliesst, befinden sich viele alte Höhlenkirchen. Das Ihlara-Tal hat zwei Zugänge und liegt zwischen Selime und Ihlara.
Reisezeit
Die beste Reisezeit für Kappadokien ist zwischen Mai und Oktober, wenn auch viele Pensionen, Restaurants und kleine Läden für Reisende geöffnet sind. Doch auch während der Wintermonate hat die Region ihre Reize, wenn teilweise Schnee die Tuffsteinlandschaften bedeckt.
Wer Kappadokien im Rahmen einer Rundreise besucht, braucht sich um Unterkunft und Mobilität keine Gedanken zu machen. Viele Veranstalter bieten im Rahmen ihrer Touren auch den Besuch von kulturellen Veranstaltungen an. Individual-Reisende finden vor Ort zahlreiche Unterkünfte und können mit regelmässig verkehrenden Minibussen, mit Taxi oder Mietwagen die Region entdecken.